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Sorgen und Ängste vor der Väterkarenz – warum sie unbegründet waren

So wunderbar und schön die Väterkarenz ist, sollte dieser Schritt natürlich wohl überlegt sein. Finanzielle und möglicherweise später auch berufliche Einbußen müssen einem bewusst sein. Mir war es das und ich bin jeden Tag glücklicher mit meiner Entscheidung FÜR die Väterkarenz. Erfahre in diesem Beitrag mehr über meinen Weg zur Väterkarenz!

Der Weg ist das Ziel – der Weg in meiner eigenen Freiheit

Jeden Tag genieße ich die viele Zeit bei meiner Familie und fühle mich frei. Frei, jederzeit einen Ausflug zu machen, mitten unter der Woche shoppen zu gehen oder nichts zu tun und gemütlich zu Hause zu bleiben. Keine Bürozeiten müssen beachtet werden. Die Anzahl der Urlaubstage ist egal und Vertretung brauche ich auch keine. Das sind Faktoren, die für mich ganz klar Teile des Begriffs „Freiheit“ ausmachen. Warum die Väterkarenz sonst noch so toll ist, habe ich dir bereits im ersten Karenz-Beitrag erzählt.

Der Weg in dieser Freiheit wird bei mir noch sehr lange weitergehen, da ich über die Karenz hinaus zu Hause bleiben werde. Diesen Weg einzuschlagen, war auch für mich nicht nur einfach. Vor allem finanziell und beruflich hatte ich Sorgen und Ängste. Das geht vermutlich jedem Karenz-Papa so.

Wie soll das beruflich gehen? Wie wird das zu Hause wohl sein, den ganzen Tag? Und wie stellen wir uns das mit dem Geld vor? Soweit in ein kleiner Auszug. Ein paar Überlegungen und ein Beratungs-Termin bei der Arbeiterkammer später, stand der Beschluss dennoch ziemlich früh in der Schwangerschaft fest – Papa bleibt zu Hause! Sobald und so lange wie möglich und finanziell sinnvoll. Also drei Monate nach der Geburt bis zum ersten Geburtstag unseres Sohnes. Die Sorgen waren nicht gleich weg, dauerten teilweise bis nach der Geburt an, doch die positiven Aussichten waren viel stärker.

Home sweet home

Die meisten Sorgen haben sich mittlerweile verflüchtigt. Vor allem was den Alltag zu Hause betrifft, lief es von Anfang an wunderbar. Früher habe ich im Urlaub ungefähr zehn Minuten nach Verlassen des Büros jegliches Zeitgefühl verloren. Das klang in meinem Kopf in etwa so: „Ist heute ein Wochentag?“ Vielleicht kennst du das ja. Daher befürchtete ich, dass das auch in der Karenz in den ganzen Monaten so sein wird. Völlig unbegründet, wie sich herausstellte. Großartige Planungen gewöhnt man sich schnell ab, da sich ohnehin alles nach dem kleinen Mann richtet. Damit vergeht jeder Tag schneller, als einem lieb ist. Kein Wunder, wenn man sich von Schläfchen zu Schläfchen durch den Tag schwingt. Im Grunde gibt es zwei Phasen:

  • Baby wach – spielen, tragen, rausgehen, wickeln
  • Baby schläft – arbeiten, lernen, Haushalt, sonstigen Erwachsenenkram erledigen

Das gibt dem Tag ganz von selbst eine Struktur.

 

Was da wohl der Chef dazu sagen wird?

Die beruflichen Bedenken waren definitiv am hartnäckigsten und hielten bis nach der Geburt an. Wenig verwunderlich, da ich bis dahin nicht wissen konnte, wie mein Karenz-Vorhaben wohl ankommen wird – vor allem beim Chef. Als angehender Karenz-Vater hat man erst ab der Geburt einen Kündigungsschutz. Auch wenn ich nie geglaubt hätte, dass jemand in der Firma auf blöde Ideen kommen würde, wollte ich da kein Risiko eingehen. Also blieben meinem Chef nur drei Monate Zeit, eine Vertretung für mich zu finden. Von Ende November weg mit der Weihnachtszeit, Jahreswechsel und -abschluss eine wenig prickelnde Angelegenheit. Aber es hat geklappt. Auch ansonsten hat er es (zumindest mir gegenüber) sehr problemlos aufgenommen. Wirklich überrascht habe ich ihn mit meinem Vorhaben ohnehin nicht. Von daher waren die großen Sorgen, wie die Reaktion aussehen wird, recht unbegründet. Und oh Wunder – die Firma steht immer noch. Alles läuft weiter. Auch ohne mich.

Jeder ist ersetzbar.

Es geht immer weiter. Man kann den Satz zwar auch negativ auslegen aber: jeder ist ersetzbar. Von daher hätte ich mir niemals so viele Gedanken machen müssen. Es geht immer weiter.

 

„Was ist mit meiner Karriere?“

Ein häufiges Argument gegen die Väterkarenz stellen Ängste um die weitere Karriere dar. Zu einem gewissen Grad kann ich das nachvollziehen. Wenn man in einer großen Firma schon ein paar Stufen nach oben geklettert ist und noch weitere Ambitionen hat, kann da eine Karenz hinderlich sein. Wenn man der Typ dafür ist, kann ich die Bedenken also durchaus verstehen. Neige aber auch dazu, in Frage zu stellen, ob der Arbeitgeber wirklich so toll ist, wenn der Wunsch nach einer Väterkarenz so ein großes Problem ist. Etwas frech formuliert, gebe ich zu.

Ich für meinen Teil war von dieser Karriereturnstunde befreit. Ich hatte meinen Job. Durch die Größe der Firma gab es aber weder unmittelbare Ab- noch Aufstiegschancen. So ein Beruf wäre auch wenig verlockend für mich. Bin nicht der Typ, um als Abteilungsleiter oder „Head of was auch immer“ irgendeine Karriere-Leiter hochzuklettern. Frei nach Deichkind: Bück dich hoch, ja!

 

„Na? Vermisst du nicht doch das Büro hin und wieder?“

Nein. Nope. No. Njet. Mittlerweile bin ich so weit weg von dem Ganzen. Es hat kein einziges Mal schwierige oder unangenehme Momente gegeben, wo ich mich zurück ins Büro gesehnt hätte. Wann hätte das auch sein sollen? Wenn der kleine Matz mal wieder um 04:00 entscheidet, dass wach sein viel lustiger ist, als zu schlafen. Das ist ein sehr gutes Beispiel. Ich schlurfe dann im Halbschlaf im Wohnzimmer mit ihm auf und ab. Möchte einfach nur wieder ins Bett und ansonsten alles verfluchen. Sehnsucht zurück ins Büro? Fehlanzeige. Gerade da wäre dann die Aussicht auf einen Wecker, der zwei Stunden später schon wieder freudig und nervtötend läuten wird, ein zusätzlicher Horrorfaktor. Brr. Oder in der Zeit in Wien rund um seine OP? Da waren schon einige Stunden an Erfahrung dabei, die ich lieber nicht gemacht hätte. Und dennoch bin ich unendlich froh, die ganze Zeit dabei gewesen zu sein, ohne irgendwelche Urlaubstage herumschieben zu müssen.


Kultureller Einschub

In letzter Zeit hat sich „Sklave“ von Kraftklub irgendwie zu meinem Karenz-Soundtrack entwickelt. Auch wieder etwas provokant formuliert, aber als klassischer Büroangestellter, kann man sich das schon angesprochen fühlen.


Die Sorgen sind tot – lang leben die Sorgen!

Die Bedenken rund ums Büro waren unbegründet. Im Nachhinein war es eher die Angst vor dem Ungewissen. Neue Sorgen stehen dafür gleich wieder am Start. Beim Leben mit Kindern überrascht das nicht. Wie heißt es so schön? Kleine Kinder, kleine Sorgen – große Kinder, große Sorgen. Kann mir schon gut vorstellen, dass da einiges an Wahrheit drinsteckt. Wenn du nach der Karenz wieder zurück in deinen Job gehst, hast du vermutlich Bedenken, wie das wohl sein wird. Komm ich mit den Kollegen gleich wieder klar? Werde ich schnell wieder eingearbeitet sein? Will mich die Firma überhaupt wieder zurück? Und hoffentlich auch Bedenken wie: Oh mein Gott, wie soll ich es ohne Baby und so lange weg von zu Hause aushalten?

 

Auf in eine aufregende Zukunft!

Bei mir persönlich kommen jetzt noch ganz andere Bedenken auf mich zu. Ich bleibe über die Karenz hinaus zu Hause. Will in verdammt kurzer Zeit eine eigene kleine Firma aufbauen und ortsunabhängig genug verdienen. Vereint mit dem ganz alltäglichen Wahnsinn gibt es also genug Stoff für neue Sorgen. Irgendwas in mir stimmt mich absolut zuversichtlich, dass das alles so aufgehen wird. Wäre ja auch schwer bedenklich, wenn ich nicht daran glauben würde. Dabei war es sehr hilfreich, sich den ganzen gesellschaftlichen Ängsten bewusst zu werden. Es ist nicht alles vorbei, wenn der Job weg ist, oder die Aufträge nicht gleich von selbst hereinflattern. Dieses Bewusstsein hilft mir enorm, die kommenden Herausforderungen anzupacken und hätte mir auch vor einigen Monaten viel Kummer und Sorgen ersparen können. Dann wären die Ängste vor der Karenz wesentlich geringer gewesen.

Wie ist es dir damit gegangen? Oder plagen dich gerade noch die Sorgen vor der Karenz? Teile es doch mit uns in einem Kommentar! :) 

Published in Väterkarenz

2 Comments

  1. Wir haben auch lange hin und her überlegt wie Papa ein paar Monate zuhause bleiben könnte aber es wäre finanziell nocht sinnvoll gewesen. Aber selbst darüber hätten wir gern hinweggesehen, leider ist er in einer Jobsituation in der die Firma not amused gewesen wäre und seine Väterkarrenz wohl unweigerlich mot „open end“ gewesen wäre. Andererseits bin ich schon froh die Karrenz „für mich“ zu haben denn ich genieße die Zeit mit der Kleinen in vollen Zügen. Wie es beruflich für mich später weitergeht weiß ich nicht, außer ich werd Blogmillionär *lach*
    Liebe Grüße, Christina
    http://www.thenewmommydiaries.com

    • Zum Blogmillionär wird es ja nicht mehr so weit sein, nehme ich an! ;-) Das kann ich eben auch verstehen, wenn es vom Job her nicht geht. Da hatte ich es definitiv leichter, die Möglichkeit zu nutzen. Das macht es für mich auch irgendwie schwierig, darüber zu schreiben. Durch meine Situation habe ich eine Riesen-Euphorie, muss aber immer bedenken, dass ganz einfach nicht jeder Vater in Karenz gehen kann. Dennoch hoffe ich, dass ich zumindest ein paar, bei denen es auch geht, von diesem Schritt überzeugen kann. ;)

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